Aktuelles aus der Forschung  |  10.11.2020

Stellungnahme zur Reform des Urheberrechts: Haftung für Online-Diensteanbieter

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat einen Referentenentwurf zur Umsetzung der neuen Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt in nationales Recht vorgelegt. In seiner Stellungnahme gibt das Institut Anregungen zur Ausgestaltung des geplanten Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetzes.  

Eine Projektgruppe bestehend aus Reto M. Hilty, Valentina Moscon, Heiko Richter, Moritz Sutterer, Ansgar Kaiser und Aaron Stumpf haben eine Stellungnahme zum Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) abgegeben
Die Projektgruppe mit Aaron Stumpf, Moritz Sutterer, Reto M. Hilty, Heiko Richter, Valentina Moscon und Ansgar Kaiser (v.l.n.r.).

Die umstrittene Richtlinie 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt sorgte im Vorfeld ihrer Verabschiedung insbesondere in Deutschland für heftige Proteste. Stark kritisiert wurde vor allem ihr heutiger Artikel 17 zur Verantwortlichkeit der Diensteanbieter von Online-Inhalten. Im Zusammenhang mit der Abstimmung des Europäischen Rates am 15. April 2019 sah sich die Bundesregierung deswegen veranlasst, eine Protokollerklärung abzugeben, dass bei der nationalen Umsetzung der Richtlinie auf den Einsatz der umstrittenen Upload-Filter weitgehend verzichtet werden solle.


Bis zum 7. Juni 2021 müssen die Mitgliedstaaten diese EU-Richtlinie nun in nationales Recht umsetzen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat dazu im Oktober 2020 den Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes“ vorgelegt, der mit anderen Ministerien allerdings noch nicht abgestimmt ist. Mit Spannung erwartet wurde allem voran, wie die Protokollerklärung der Bundesregierung nun konkret verwirklicht werden kann.


Neues Gesetz geplant


Die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Diensteanbietern soll in Deutschland künftig durch ein eigenständiges Gesetz, das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG), geregelt werden. Demnach sind Diensteanbieter – wie von der Richtlinie verlangt – für die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte zwar grundsätzlich verantwortlich; von ihrer Haftung können sie sich durch die Einhaltung konkret geregelter Sorgfaltspflichten jedoch befreien. Das UrhDaG soll konkretisieren, worin diese Pflichten liegen.


Das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb begleitete die Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Zeitalters bereits im Hinblick auf die EU-Richtlinie. Eine Projektgruppe nahm damals zu den Entwürfen der EU-Kommission detailliert Stellung. Auch zu dem vorliegenden Referentenentwurf hat sich das Institut nun im Rahmen einer Stellungnahme geäußert, wobei der Fokus auf dem UrhDaG liegt.


Grundsätzlich begrüßt die sechsköpfige Projektgruppe die Schaffung des UrhDaG. Der Entwurf beschreite „mit innovativen Vorschlägen einen Weg, der grundsätzlich geeignet ist, den notwendigen urheberrechtlichen Interessenausgleich bei der Verbreitung urheberrechtlicher Inhalte über Online-Plattformen herzustellen“, heißt es in der Stellungnahme. An einigen Stellen geben die Autorinnen und Autoren jedoch Anregungen für den weiteren Gesetzgebungsprozess, vor allem im Hinblick auf den geplanten Lizenzmechanismus (§ 4 UrhDaG-E), die Vergütungspflicht für gesetzlich erlaubte Nutzungen (§ 5 UrhDaG-E) und die Berücksichtigung von geringfügigen Nutzungen (§ 6 UrhDaG-E).  


Die Vorschläge der Stellungnahme im Überblick


Positiv auf den Lizenzmarkt auswirken dürfte sich nach Ansicht der Projektgruppe § 4 UrhDaG-E. Es sei eine Regelung gelungen, die die Handlungsanforderungen von Diensteanbietern und Rechteinhabern bei der Lizenzierung sinnvoll ausgestalte. Die Stellungnahme regt jedoch einige Nachbesserungen und Konkretisierungen an, um im Falle der Lizenzierung durch individuelle Rechteinhaber Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.


Die Projektgruppe begrüßt, dass der Referentenentwurf mit § 5 UrhDaG-E die Anwendbarkeit der urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen für den Regelungsbereich des UrhDaG klarstellt, um damit möglichst viele Formen des „User Generated Content“ zu erfassen und online auf legale Weise zugänglich zu machen. Kritik äußert sie jedoch daran, dass Diensteanbieter ausschließlich für Werknutzungen zum Zweck des Pastiches einer Vergütungspflicht unterliegen sollen (§ 7 Abs. 2 UrhDaG-E). „Angesichts der Funktionslogik des UrhDaG-E und der besonderen Interessenlage zwischen Diensteanbietern, Rechteinhabern und Nutzern sowie zu erwartender Abgrenzungsprobleme sollten […] alle Nutzungen nach § 5 UrhDaG-E von den Diensteanbietern vergütet werden“, so die Stellungnahme.


Auch die geplante Erleichterung von geringfügigen Nutzungen nach § 6 UrhDaG-E begrüßt die Stellungnahme im Grundsatz. Da jedoch Zweifel an der Unionsrechtskonformität der konkreten Ausgestaltung bestehen, wird angeregt, die Zielsetzung durch eine andere gesetzestechnische Lösung umzusetzen. Hierfür macht die Projektgruppe konkrete Vorschläge.


Den Wortlaut der Stellungnahme des Instituts finden Sie hier


Ein E-Book zur Modernisierung des EU-Urheberrechts, herausgegeben von Reto M. Hilty und Valentina Mocson, finden Sie hier