Studie  |  05.04.2015

Copyright, Competition and Development, Study on behalf of the World Intellectual Property Organization (WIPO)

Study of the Max Planck Institute on competition law in copyright-related markets on behalf of the World Intellectual Property Organization (WIPO), December 2013


English version (original)

Studie  |  02.04.2015

Utility Model Protection in Pakistan - An Option for Incentivising Incremental Innovation

Henning Grosse Ruse-Khan legt Studie zum Gebrauchsmusterschutz für Pakistan vor – Innovationsfreude soll in dem asiatischen Land gestärkt werden – "IP is something for rich People"

Wer als Erfinder durch seine Innovationen den technischen Fortschritt fördert, kann durch ein Patent Schutz für diese Erfindungen erlangen. Dessen Erteilung ist zwar an bestimmte Voraussetzungen gebunden, sichert dem Erfinder dafür aber ein zeitlich begrenztes ausschließliches Nutzungsrecht für seine Erfindung und die Befugnis, andere von dessen Nutzung auszuschließen. Ähnliche Schutzmechanismen greifen für Gebrauchsmuster, den „kleinen Bruder“ des Patents. Doch was in einigen entwickelten, westlichen Industrienationen längst rechtlicher Standard ist, kann anderen Ortes völlig unbekannt oder ungebräuchlich sein – nicht immer zum Vorteil der lokalen kleinen und mittelständischen Betriebe, wie das Beispiel Pakistan zeigt.

„IP is something for rich people”, lautet ein gängiges Vorurteil der kleinen und mittelständischen Industrie Pakistans gegenüber dem Immaterialgüterrechtsschutz. Fast konsequent scheint es, dass der asiatische Staat heute aufgrund internationaler Verträge und Verpflichtungen zwar den Patentschutz, nicht aber den Gebrauchsmusterschutz geregelt hat. Doch das soll sich ändern: Pakistan erwägt die Einführung eines solchen Gebrauchsmusterschutzes, um einheimische Innovationsträger und ihre Erfindungen zu schützen sowie ihre Innovationsfreude weiter zu fördern. Dr. Henning Grosse Ruse-Khan, Affiliated Research Fellow am Max-Planck-Institut für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht in München, hat jetzt in seiner Studie „Utility Model Protection in Pakistan – An Option for Incentivising Incremental Innovation“ im Auftrag der World Intellectual Property Organization (WIPO) untersucht, ob für die Einführung eines solchen Schutzsystems in Pakistan ein Bedarf besteht, wie es ausgestaltet sein müsste und wie es eingeführt werden kann. Eine vergleichbare Untersuchung führt der Wissenschaftler derzeit für Jordanien durch.

Grosse Ruse-Khans Studie besteht aus drei Teilen: Den ersten Teil bildet eine Analyse des internationalen rechtlichen Rahmens. Hier ging es vor allem darum, die Handlungsspielräume der pakistanischen Regierung aus einer Abgrenzung zwischen Patent- und Gebrauchsmusterschutzrecht zu ermitteln. Im zweiten Teil seiner Studie stellte der Wissenschaftler die Schutzsysteme Deutschlands, Australiens, Chinas und Malaysias – zweier entwickelter Industrienationen sowie zweier Entwicklungs- bzw. Schwellenländer – einander gegenüber. Dabei galt es mittels rechtlicher, empirischer und ökonomischer Analyse aufzuzeigen, wie sich ein Gebrauchsmusterschutzrecht auf die Innovationskraft und –freude kleiner und mittelständischer Unternehmen auswirkt. Grosse Ruse-Khan wertete dazu beispielsweise Anmeldezahlen für Gebrauchsmuster bei den Patentämtern, das Verhältnis zwischen Patenten und Gebrauchsmustern sowie die Herkunft des anmeldenden Akteurs – also die einheimische oder ausländische Industrie – aus. Den dritten und abschließenden Teil seiner Studie bildete eine rein qualitative Untersuchung der pakistanischen Industrie sowie der im Rechtsgebiet tätigen Akteure wie Richter, Anwälte, das pakistanische IP-Office, Unternehmensverbände und Erfinder.

Das Patentrecht ist dabei eine vergleichsweise alte Rechtsdisziplin: Bereits im 15. Jahrhundert genossen Erfinder in Europa Schutz für ihre Innovationen durch so genannte Erfindungsprivilegien – königliche Schutzbriefe, die so genannten „litterae patentes“ und Namensgeber der heutigen Patente. Sie wurden etwa für Mühlenkonstruktionen, Pumpen, Werkzeuge, Salzsiedeverfahren und Bierbrautechniken erteilt. Moderne Patentgesetze entstanden zunächst 1791 in Frankreich; die deutschen Länder zogen bis Mitte des 19. Jahrhunderts nach. Heute sind patent-, urheber-, marken- und designrechtliche Regelungen für die Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation WTO  – darunter auch Pakistan – zwingend vorgeschrieben. Anders verhält es sich mit dem Gebrauchsmusterschutz: Gebrauchsmuster, die „kleinen Brüder“ der Patente, gelten als so genannte „kleine Erfindungen“ nicht in gleichem Umfang schutzfähig wie ein Patent. Allerdings ist der Gebrauchsmusterschutz eines der wenigen Rechtssysteme, das auf internationaler Ebene fast gar nicht geregelt ist. Entscheidet sich ein Staat für seine Einführung, kann er diesen Schutz ganz auf den Bedarf der einheimischen Industrie ausrichten. Allerdings muss er inländische wie ausländische Unternehmen gleich behandeln.

Doch auch die Lage in dem asiatischen Land ist schwierig: „Die pakistanische Regierung hat festgestellt, dass der Patentschutz den Bedürfnissen der pakistanischen Industrie nicht gerecht wird“, erläutert der Wissenschaftler. „Das Gros aller Patentanmeldungen erfolgt in der Regel durch ausländische Unternehmen, die ihre Innovationen auch in Pakistan schützen wollen. Meist handelt es sich um Innovationen im pharmazeutischen Bereich.“ Dabei gäbe es durchaus einen Bedarf an wirksamen Schutzmechanismen für „kleine Erfindungen“, weiß Grosse Ruse-Khan: „In einigen Bereichen ahmt die pakistanische Industrie nicht nur nach, sondern es gibt durchaus innovative Entwicklungen und Erfindungen, die auch erfolgreich an den Markt gebracht wurden.“ Grosse Ruse-Khan verweist auf Entwicklungen bei Ventilatoren und medizinischen Instrumenten. In diesen Bereichen gibt es vor allem im Punjab eine innovative, wachsende Industrie, die mit Verbesserungen und anderen kleinen Erfindungen ihre Innovationskraft zeigt.
Dennoch kann Grosse Ruse-Khan Pakistan nicht unmittelbar die Einführung eines Gebrauchsmusterschutzrechtssystems empfehlen: „Die qualitative Untersuchung, der dritte Teil der Studie, hat gezeigt, dass weitere Informationen über die pakistanische Industrie, potentielle Nutzer des Schutzrechtssystems und über diejenigen Produkte, die Schutzrechtsinhaber auf den Markt bringen würden sowie die End-Konsumenten erhoben werden müssen. Valide statistische Daten, die in quantitativer Weise erhoben werden, liegen nicht vor.“ Er warnt ausdrücklich – „Eine Empfehlung für oder gegen das Schutzsystem und wie es ausgestaltet sein soll, darf nicht auf der Basis einiger weniger Meinungen erfolgen, sondern bedarf einer breiten Erhebung.“ – und plädiert dafür, eine solche Studie künftig mit einer umfassenden quantitativen Erhebung zu verbinden: „Ohne solche Daten ist eine faktenbasierte Empfehlung, die den Interessen der pakistanischen Akteure auch tatsächlich gerecht wird, nicht machbar.“

Konkret würde der Wissenschaftler gerne mehr über die Struktur der Industrie, Größe der Unternehmen, ihre Verteilung, Innovationstätigkeit und Innovationsdichte sowie die Kunden- und Konsumentenseite der Produkte erfahren. Dazu könne man auch Innovation Surveys heranziehen, schlägt Grosse Ruse-Khan vor: „Vor Ort besteht durchaus auch ein gewisses Misstrauen gegenüber offiziellen Erhebungen.“ Er erklärt das mit einem gewissen Prozentsatz an „informeller Industrie“, also solchen Unternehmen, die keine Steuern entrichten und dem Staat gar nicht bekannt sind.

Ferner regt Grosse Ruse-Khan, der sich bereits seit Jahren intensiv mit dem Immaterialgüterrecht in Ländern des Commonwealth auseinandersetzt und inzwischen auch als University Lecturer an der University of Cambridge und als Fellow am King’s College in Cambridge forscht, an, zu untersuchen, in welchem Umfang Innovationen stattfinden, in welchem Rahmen und an welchem Ort. Ebenso klärungsbedürftig ist für ihn, ob das Kopieren und Nachahmen von Konkurrenten in der pakistanischen Industrie überhaupt als Problem angesehen wird oder ob die Unternehmen nicht bereits alleine durch ihren Wissensvorsprung am Markt bestehen können.

Relevant sind solche Befunde etwa bei der Frage, ob für Gebrauchsmuster ein Anmelde- oder ein Prüfungsverfahren empfohlen wird. Ein Prüfungsverfahren würde bedeuten, dass eine Behörde eigenständig prüft, ob die Erfordernisse für die Erteilung von Gebrauchsmusterschutz gegeben sind, während beim Anmeldeverfahren die einfache Mitteilung als ausreichend erachtet würde. Erst im Streitfall, etwa auf einen Löschungsantrag hin oder im Rahmen einer Klage wegen Nachbau des geschützten Gebrauchsmusters, müsste dann untersucht werden, ob Gebrauchsmusterschutz zu Recht besteht. Grosse Ruse-Khan erläutert, dass bei einem solchen Anmeldeverfahren zwangsläufig ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit bestehen bliebe: „Der Vorteil liegt dennoch darin, dass gerade für kleine und mittelständische Unternehmen die Hürden zum Schutz ihrer Innovationen nicht unüberwindlich hoch wären.“ Er verweist auf das Beispiel Malaysias, wo bislang ein Prüfsystem beim Gebrauchsmusterschutz auf die Innovatoren abschreckende Wirkung hatte. „Für Pakistan – und das wäre eher aus unserer rechtsvergleichenden Untersuchung begründet – könnte sich ein solches Anmeldeverfahren bewähren“, lässt Grosse Ruse-Khan durchblicken. Dort lassen sich eine Reihe von Sicherungsmechanismen einbauen, die einen Missbrauch ungeprüfter Rechte, vor allem durch multinationale Konzerne, verhindern. Gerade weil der Gebrauchsmusterschutz international kaum geregelt ist, eignet er sich hervorragend für einen passgenauen Zuschnitt auf die nationalen Bedürfnisse, unterstreicht der Wissenschaftler. Zugleich betont er aber: „Egal welches System eingeführt wird und wie es verfahrenstechnisch gestaltet ist, sollte dieser Prozess durch quantitative Erhebungen systematisch wissenschaftlich begleitet werden. Nur so lassen sich wirklich neue Erkenntnisse etwa in Bezug auf das Innovationsverhalten gewinnen.“

Berücksichtigen kann der Jurist seine gewonnenen Erkenntnisse bei einer weiteren Studie im Auftrag der WIPO: Auch Jordanien überlegt inzwischen, ein System des Gebrauchsmusterschutzes zu etablieren. Grosse Ruse-Khan ist auch an dieser Untersuchung maßgeblich beteiligt. Seinen Bericht für die dortige Regierung wird er Anfang 2014 vorlegen.
 
Die Studie „Utility Model Protection in Pakistan – An Option for Incentivising Incremental Innovation“ finden Sie hier als PDF-Datei zum Download:
Utility Model Protection in Pakistan – An Option for Incentivising Incremental Innovation

Stellungnahme  |  12.05.2014

Schutz von Geschäftsgeheimnissen

Stellungnahme des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung vom 28.11.2013, COM (2013) 813 final

Version 1.0 vom 12.05.2014

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Version 1.1 vom 03.06.2014

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Stellungnahme  |  29.04.2013

Handelspraktiken B2B 2013

Stellungnahme des Max-Planck-Instituts für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht zum Grünbuch der Europäischen Kommission über unlautere Handelspraktiken in der B2B-Lieferkette für Lebensmittel und Nicht-Lebensmittel in Europa vom 31.1.2013, COM(2013) 37

Stellungnahme  |  20.02.2013

Nutzung verwaister Werke

Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Regelung zur Nutzung verwaister Werke und weiterer Änderungen des Urheberrechtsgesetzes sowie des Urheberrechtswahrnehmungsgesetz

Stellungnahme  |  17.01.2013

Collective Management of Copyright and Related Rights in Musical Works

Comments of the Max Planck Institute for Intellectual Property and Competition Law on the Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on collective management of copyright and related rights and multi-territorial licensing of rights in musical works for online uses in the internal market COM (2012) 372

Stellungnahme  |  27.11.2012

Leistungsschutzrecht für Verleger

Stellungnahme zum Gesetzesentwurf für eine Ergänzung des Urheberrechtsgesetzes durch ein Leistungsschutzrecht für Verleger

Der Deutsche Bundestag wird in Kürze über eine Änderung des Urheberrechtsge-setzes beraten, durch die ein Leistungsschutzrecht für Verleger geschaffen werden soll. Weite Kreise der deutschen und europäischen Rechtswissenschaft sind darüber besorgt. Der Bedarf für ein solches Schutzrecht wurde bislang in keiner Weise nachgewiesen. Es besteht die Gefahr unabsehbarer negativer Folgen.

Mit diesem Schreiben werden die Gründe aufgeführt, die dagegen sprechen, die geltende Rechtslage zu verändern. Verantwortet wird der Text vom Max-Planck-Institut für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, das seit seiner Gründung im Jahre 1966 das politisch und wirtschaftlich neutrale Kompetenzzentrum in den von ihm betreuten Rechtsgebieten ist. Das Institut unterstützt insbesondere die deutsche und europäische Urheberrechtsentwicklung seit Jahrzehnten mit wissenschaftlicher Expertise. Unterstützt wird dieser Text von einer großen Zahl von Unterzeichnern, die im Anhang aufgeführt sind.

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Stellungnahme  |  17.10.2012

The Unitary Patent Package

The Unitary Patent Package: Twelve Reasons for Concern

The Max-Planck-Institute for Intellectual Property and Competition Law, which has functioned as a politically and economically unbiased centre of legal competence for European intellectual property legislation ever since its foundation in 1966, is a well-recognized scientific commentator and advisor on the evolution of European patent law.

The Institute considers a balanced, innovation-friendly and uniform patent system as being indispensable for Europe. However, the current patent package is deemed to be both dangerous and misguided. While a superficial glance may create the false impression of a patent law advancement through the proposal, it instead actually threatens to forestall the necessary legal progress and innovation capacities for the foreseeable future.

The respective concerns of the Max-Planck-Institute are shared by experts throughout Europe. Likewise, considerable parts of the industry harbor doubts as to the proposed system's efficiency. Large undertakings might indeed benefit from a reinforcement of their patent portfolios through the proposed system. Particularly small and medium-sized enterprises are however likely to experience significant obstacles to their innovation activities.

Our criticism of the package is underpinned by a series of legal arguments which are elaborated in the analysis. Many of these points are also uncontested in the current debate. Yet remedies are only promised for the time after the entry into force of the package.

Experience shows that particularly in relation to legislation for intellectual property this promise for subsequent improvement is unlikely to be delivered on. Consequently, it might prove disastrous to implement a patent system which is already known to be detrimental from both the legal as well as the innovation perspectives. Much rather, the correct course must be set now. Against this background, the Institute believes it is indispensable to reconsider the content of the Unitary Patent Package afresh.

Note: This is the only authentic text, no follow-up versions or translations have been authorized yet.

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Stellungnahme  |  06.07.2011

Zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke

Stellungnahme des Max-Planck-Instituts für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht zur Anfrage des Bundesministeriums der Justiz vom 6. Juli 2011 zum Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission über bestimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke, KOM(2011)289