Smart IP for Latin America ist eine Forschungsinitiative des Instituts und bietet ein neutrales Forum für den akademischen und rechtspolitischen Diskurs über das Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht in der Region. Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit sollen auf der Basis unparteiischer und evidenzbasierter Grundlagenforschung informiert und beraten werden. Ziel ist es, die Verwirklichung des sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Potentials Lateinamerikas zu unterstützen.
Der Initiative liegt der Gedanke zugrunde, dass der Immaterialgüterschutz die nachhaltige Entwicklung einer Volkswirtschaft nur dann wirklich fördern kann, wenn er auf die lokalen Markt- und Wettbewerbsbedingungen zugeschnitten ist und die spezifischen Bedürfnisse des betreffenden Landes berücksichtigt.
Unterstützung von Experten aus ganz Lateinamerika
Smart IP for Latin America wurde 2018 im Zuge einer ersten Konferenz in Santiago de Chile ins Leben gerufen, an der über 50 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Industrie und Rechtspraxis teilgenommen haben. Eine weitere Konferenz fand im Frühjahr 2019 in Cartagena de Indias (Kolumbien) statt. Zudem wurden mehrere Workshops organisiert, um die laufenden Forschungsprojekte der Initiative voranzutreiben. Im Herbst 2019 wurde an der Universität von Buenos Aires ein Büro – das sogenannte „Observatorio“ – eröffnet, das in enger Zusammenarbeit mit dem Münchner Max-Planck-Institut die Forschungsaktivitäten und Veranstaltungen der Initiative koordiniert.
Neben seinen acht ständigen Mitgliedern wird das Observatorio von einem Netzwerk herausragender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Lateinamerika unterstützt, die an den Forschungsprojekten der Initiative beteiligt sind. Beraten wird die Initiative darüber hinaus von einem wissenschaftlichen Beirat, dem international angesehene Experten aus Lateinamerika angehören.
2020 wurde zudem die Gründung einer wissenschaftlichen Vereinigung in die Wege geleitet, die ihren Mitgliedern ein Netzwerk für den wissenschaftlichen Austausch und die Pflege sozialer Kontakte bieten wird. Für einen jährlichen Beitrag werden die Mitglieder Teil eines Expertennetzwerks, erhalten regelmäßig Informationen über aktuelle Forschungsergebnisse und können an der Jahreskonferenz von „Smart IP for Latin America“ teilnehmen. Die Vereinigung wird darüber hinaus an Ausschreibungen teilnehmen, um Fördergelder für die Initiative zu akquirieren.
Fünf Projekte untersuchen Schutzstandards
Aktuell widmet sich die Initiative in fünf verschiedenen Projekten aus unterschiedlichen Rechtsgebieten der übergreifenden Frage, welche Schutzstandards und -mechanismen in Lateinamerika für eine nachhaltige sozio-ökonomische Entwicklung der Region sinnvoll sind. Methodischer Ausgangspunkt ist dabei eine vergleichende Untersuchung der Gesetzeslage und Rechtsprechung in den für das betreffende Projekt jeweils relevantesten Ländern.
Ziel des Projekts „Patent Flexibilities“ ist es, zu erforschen, inwieweit sich die untersuchten Rechtsordnungen im Hinblick auf den Gegenstand des Patentschutzes, dessen Voraussetzungen und Begrenzungen unterscheiden. Die Beteiligten des Projekts „International Technology Transfer“ untersuchen vertrags- und kartellrechtliche Vorschriften und Ansätze, die den Technologietransfer fördern oder auch behindern können.
Im Bereich des Urheberrechts geht es in dem Projekt „Collective Management of Copyright and Related Rights“ darum, herauszufinden, wie die verschiedenen Systeme der kollektiven Rechtewahrnehmung funktionieren, welche Schwierigkeiten bestehen und inwieweit die Kulturschaffenden damit überhaupt Einnahmen zu erzielen in der Lage sind. Im Fokus des Projekts „Collective Distinctive Signs“ stehen Systeme zur Qualitätsdifferenzierung von lokalen Produkten. Dazu gehören Geographische Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen, Kollektivmarken und Gütesiegel. Durch eine vergleichende Studie der in den verschiedenen Ländern bestehenden Systeme sollen spezifische Bedürfnisse regionaler Produzenten identifiziert werden.
Ein weiterer Fokus der Initiative liegt auf bi- und multilateralen Staatsverträgen. Insbesondere mit Fokus auf das im vergangenen Jahr zwischen den Mercosur-Staaten und der EU ausgehandelte Freihandelsabkommens gilt es im Rahmen des Projekts „Free Trade Agreements” zu erforschen, ob in den betroffenen lateinamerikanischen Staaten die Voraussetzungen überhaupt gegeben sind, damit sie aus der Vereinbarung den erwarteten Nutzen ziehen können.