Der Festakt im Kaisersaal würdigte mit Grußworten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die Bedeutung des Instituts und der von ihm behandelten Themen auch in breite Bereiche der Gesellschaft hinein. Das wissenschaftliche Symposium im Max-Joseph-Saal fokussierte die Binnenperspektive und erörterte unter starker Beteiligung von Alumni, wissenschaftlichen Gästen und Mitgliedern des Fachbeirats die bisherigen Forschungsbeiträge des Instituts und mögliche zukünftige Schwerpunkte für die Forschung.
Das Institut hatte am 1. März 1966 als Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht unter Eugen Ulmer seine Arbeit aufgenommen. Seitdem betreibt es Grundlagenforschung zu verschiedenen Aspekten des Immaterialgüter- und des Wettbewerbsrechts, berät Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft und begleitet Gesetzgebungsvorhaben. Seit der Erweiterung um eine ökonomische Abteilung 2013 stehen die Erforschung der Rahmenbedingungen für Innovation und Wettbewerb und die Möglichkeit der rechtlichen und ökonomischen Gestaltung solcher Prozesse im Mittelpunkt.
Prof. Dietmar Harhoff, Ph.D., geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb, bezeichnete in seiner Begrüßungsansprache den viermaligen Wechsel des Institutsnamens in den letzten Jahrzehnten als Ausdruck der „Dynamik des Forschungsfeldes und der zunehmenden Verzahnung“ des Instituts. Zu den aktuellen Themen zählten etwa Digitalisierung und Vernetzung. „Geschäftsmodelle, Fragen des Datenschutzes, aber auch die Gestaltung des Urheber- und Wettbewerbsrechts, haben vor diesem Hintergrund eine noch viel stärkere internationale Dimension als je zuvor in der Institutsgeschichte“, betonte Harhoff. Die wissenschaftliche Begleitung von Normierungs- und Standardisierungsmaßnahmen spiele eine wichtige Rolle. Mit einer „verstärkten Hinwendung zur empirischen Analyse der Wirkungsmechanismen von Rechtsregeln und Aktionen von wirtschaftlichen Akteuren auf Märkten“ habe sich das Institut auch für neue Forschungsmethoden geöffnet. Bei aller Dynamik in der Institutsgeschichte habe es aber immer ein „Element großer Verlässlichkeit“ gegeben, hob Harhoff hervor: „Es ist dem Institut immer wieder gelungen, hervorragende, talentierte Mitarbeiter in allen Bereichen zu finden“.
Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Dr. Martin Stratmann, würdigte das Institut „als ein hervorragendes Beispiel für eine gelungene Gründung und einen permanenten Anpassungsprozess an die wissenschaftlichen Fragen der Zeit“. Die Themen Innovation und Wettbewerb seien „heute wichtiger denn je“, stellte Stratmann fest. „Sie beherrschen die Tagespresse und sind allgegenwärtig im Innovationsdialog mit der Bundeskanzlerin“, sagte der Präsident. „Und unser MPI für Innovation und Wettbewerb ist mitten drin und mit seiner juristisch-ökonomischen Ausrichtung bestens aufgestellt, dem Wesen von Innovation und Wettbewerb an sich nachzuspüren – unabhängig und aus der Perspektive der Wissenschaft heraus“. Die Einbindung der Innovationsökonomik in ein Institut der Ausrichtung Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, sei ein logischer, aber für sich genommen doch „sehr innovativer Schritt“ gewesen. Die Expertise sei weithin anerkannt. Nicht umsonst habe Bundesjustizminister Heiko Maas das MPI letztjährig als „den wichtigsten europäischen Think Tank für den gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht“ bezeichnet. Als Wirkungsbeispiele nannte Stratmann die Formulierung der „CLIP- Prinzipien“ („Conflict of Laws in Intellectual Property“) zu Fragen des internationalen Prozessrechts sowie des anwendbaren Rechts im Bereich des Geistigen Eigentums, die unter Federführung des MPI für Innovation und Wettbewerb und des MPI für ausländisches und internationales Privatrecht entstanden, sowie die Beratung beim Erlass der Richtlinie über kollektive Rechtewahrnehmung und der Umsetzung der Richtlinie in einem neuen Verwertungsgesellschaften-Gesetz.
Wie emsig am MPI gearbeitet wird, konnte der MPG-Präsident überdies aus eigener Beobachtung bestätigen. Wenn er abends sein Büro in der Generalverwaltung auf der gegenüberliegenden Seite des gläsernen Wissenschaftsbaus verlasse, blicke er in die Bibliothek des Instituts und sehe dort immer Forscher an den Plätzen: „mal mit Gesetzbuch, mal ohne, aus allen Teilen der Welt und stets hochkonzentriert arbeitend“. Dies stehe für vieles, was den Kern der MPG ausmache: „Internationalität, Interdisziplinarität, ein leistungswilliger Nachwuchs“. Zufriedener könne ein Max-Planck-Präsident nicht in den Feierabend gehen.
Auch Staatssekretär Dr. Georg Schütte aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung bezeichnete die Bündelung der Kompetenzen von Ökonomie und Recht unter dem Dach eines Max-Planck-Institutes als „ gut gelöst“. Mit der Neuausrichtung des Instituts spiele das Institut heute „eine herausragende Rolle innerhalb der Innovationsforschung in Deutschland“. Die Durchdringung der Digitalisierung aller Arbeits- und Lebensbereiche führe dazu, dass immaterielle Güter immer mehr zum integralen Bestandteil von neuen Geschäftsmodellen in unserer netzbasierten Wirtschaft werden. Weil damit aber nicht nur unser zukünftiges Arbeiten, sondern auch unsere Lebensweise sehr maßgeblich geprägt werden, stellten sich zunehmend auch „ethische Fragestellungen“, von denen Schütte die drängendsten aufzählte: „Wer hat das größte Anrecht auf personenbezogene Daten und vor allem auf die daraus generierten Erkenntnisse? Der Datengeber, der Datenerheber oder der Datennutzer? Wem erkennt die Rechtsordnung originär das Verfügungsrecht über nicht personalisierte, gleichwohl verhaltensbezogene Daten zu, auch wenn sie dann vielleicht weiterveräußert werden? Und wie lässt sich hier ein gemeinsamer Grundkonsens im internationalen Zusammenwirken erzielen?“ Diese Fragen seien ohne rechtsethische Wertungen nicht zu beantworten. „Mit Ihrem Institut haben wir eine Institution“, war Staatssekretär Schütte überzeugt, „die sowohl mit Fragestellungen rund um den Schutz von immateriellen Gütern als auch mit den korrespondierenden Themen zu Innovation und Entrepreneurship eine wichtige Lücke in der deutschen Forschung schließt.“
Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner gratulierte dem Max-Planck-Institut als einer „international geachteten Denkfabrik“. Sie stellte dar, wie sich das Bundesland mit seiner Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik den digitalen Herausforderungen stelle, etwa durch die Schaffung von 20 neuen Digital-Professuren oder einer digitalen Gründerförderung. Ihr Ziel sei es, so Aigner, dass Bayern im Bereich der digitalen Ökonomie deutschlandweit an der Spitze stehe. „Big Data“ sei ein Zukunftsthema, bei dem allerdings auch die Begrenzungen des Datenschutzes und damit des Rechts zu beachten seien. „So schnell werden Ihnen die Arbeitsthemen nicht ausgehen“, sagte die Politikerin den Wissenschaftlern voraus.
Für den Fachbeirat hob Prof. Dr. Hans-W. Micklitz (European University Institute) die neue interdisziplinäre Forschungskultur hervor. „Der Fachbeirat gratuliert der Max-Planck-Gesellschaft für die mutige und wegweisende Entscheidung, Recht und Ökonomik unter einem Dach zu vereinen“, sagte Micklitz. Mit seiner Neuausrichtung folge das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb nicht nur der Wegweisung des deutschen Wissenschaftsrates, der mit deutlichen Worten die Notwendigkeit einer stärkeren Interdisziplinarität von Sozial- und Wirtschaftswissenschaften hervorgehoben habe, sondern damit fänden die deutschen Rechts- und Wirtschaftswissenschaften auch „Anschluss an Entwicklungen in Europa und den USA“. Aus der Sicht der Rechtswissenschaften stelle sich das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb einer Jahrhundertaufgabe – „dem, was die Amerikaner ‚Law and …’ nennen, law and social science, law and art, law and music, aber eben auch law and economics“, beschrieb Micklitz die Herausforderung. „Das Miteinander kann nur über eine theoriegeleitete gemeinsame Methodologie gelingen“.
Weitere Grußworte sprachen Cornelia Rudloff-Schäffer, Vorsitzende des Kuratoriums, Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamtes, und Prof. Dr. Bernd Huber, Präsident der Ludwig-Maximilians-Universität. Den wissenschaftlichen Festvortrag hielt Prof. Peter Drahos, Ph.D., Australian National University.
Umrahmt wurde die Festveranstaltung durch eine besondere musikalische Darbietung: Der Liederzyklus „Krämerspiegel“ von Richard Strauss. Das selten gespielte Werk aus dem Jahr 1918 mit Texten von Alfred Kerr hatte seinen Ursprung in einer Auseinandersetzung zwischen dem Komponisten und dem Musikverlag Bote & Bock. Strauss, der sich stets für eine Verbesserung des Urheberrechts in Deutschland eingesetzt hatte und auch als „Urvater“ der GEMA bezeichnet wird, nimmt im „Krämerspiegel“ das Spannungsverhältnis zwischen Urhebern und Verwertern in bissigen Sentenzen aufs Korn: „Die Künstler sind die Schöpfer, ihr Unglück sind die Schröpfer“. Dargeboten wurde der „Racheakt aus Text und Tönen“ von der Sopranistin Ute Ziemer und Julian Riem am Klavier.
Wissenschaftliches Symposium
Beim wissenschaftlichen Symposium im Max-Joseph-Saal der Münchner Residenz umriss Institutsdirektor Prof. Dietmar Harhoff, Ph.D., die Herausforderungen, die sich aus der wachsenden Bedeutung des Internet ergeben. „Unser bisheriges Innovationsverständnis ist technologielastig – aber jetzt beobachten wir, dass Innovation vermehrt auf neuen, internetgestützten Geschäftsmodellen beruht“. Direktor Prof. Dr. Josef Drexl bezeichnete den „Wettbewerb als eine wichtige Infrastruktur für Innovationen“, wobei die Anwendungsprinzipien fortlaufend aktualisiert werden müssten, wie jetzt beim Thema Big Data. Direktor Prof. Dr. Reto M. Hilty verwies auf die Diskrepanz zwischen den hoch dynamischen Märkten mit ständig neuen innovativen Gütern und den statisch wirkenden schutzrechtlichen Regulierungsinstrumenten. Eine mehr wettbewerbsorientierte Konzeption dieser Schutzrechte stehe nicht im Widerspruch zum Patentrecht, könne aber auf die Dynamik der Märkte adäquater eingehen, was im Institut künftig verstärkt erforscht werden solle.
Die beiden Abteilungen des Max-Planck-Instituts stellten in der ganztägigen Veranstaltung ihren jeweiligen Forschungsstand dar und diskutierten mit internationalen Experten und Alumni des Instituts über Forschungsstrategien und zukünftige Schwerpunksetzungen.
Nach einem Einführungsvortrag von Prof. Dietmar Harhoff, Ph.D., zum Thema „Innovation and Entrepreneurship” beteiligten sich an der Podiumsdiskussion Dr. Heinrich Arnold, Senior Vice President, Telekom Innovation Laboratories, Deutsche Telekom AG, Prof. Petra Moser, Ph.D., New York University School of Business, NYU Stern, sowie Prof. Dr. Dres. h.c. Arnold Picot, Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Die Moderation hatte Prof. Dr. Karin Hoisl, Universität Mannheim.
Die Sitzung zum Thema „Property“ wurde mit einer Keynote von Prof. Dr. Reto M. Hilty eröffnet, der sich eine Podiumsdiskussion anschloss. An ihr beteiligten sich Alison Brimelow, CBE, President emerita, European Patent Office (EPO), Prof. Dan L. Burk, University of California, Irvine School of Law, sowie Prof. Michel Vivant, Sciences Po Law School, Paris. Die Moderation hatte Prof. Dr. Alexander Peukert, Goethe Universität Frankfurt.
In die Sitzung „Innovation in Competition Law” führte Prof. Dr. Josef Drexl ein. An der Podiumsdiskussion beteiligten sich Prof. Michal Gal, University of Haifa School of Law, Prof. Warren S. Grimes, Southwestern Law School, Los Angeles, sowie Prof. Dr. Kai-Uwe Kühn, Centre for Competition Policy (CCP), University of East Anglia. Die Moderation hatte Prof. Dr. Rupprecht Podszun, Universität Bayreuth.
Alle drei Themenstränge wurden in einer abschließenden Podiumsdiskussion zusammengeführt. An ihr beteiligten sich neben den drei Institutsdirektoren Harhoff, Hilty und Drexl Dr. Heinrich Arnold, Senior Vice President, Telekom Innovation Laboratories, Deutsche Telekom AG, Prof. Petra Moser, Ph.D., New York University School of Business, NYU Stern, Prof. Dan L. Burk, University of California, Irvine School of Law, Prof. Michel Vivant, Sciences Po Law School, Paris, Prof. Michal Gal, University of Haifa School of Law, sowie Prof. Warren S. Grimes, Southwestern Law School, Los Angeles. Die Moderation hatte Dr. Gert Würtenberger, Präsident der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR).
Der Wissenschaftstag endete mit zusammenfassenden Bemerkungen von Prof. Peter Drahos, Ph.D., Australian National University.