back
Research Papers
Intellectual Property and Competition Law

Die Schattenseite des Einheitspatents

Ullrich, HannsDie Schattenseite des Einheitspatents (Max Planck Institute for Innovation & Competition Discussion Paper, No. 23 ), 2024, 39 pp.

Mit der Einführung des Europäischen Patentes mit einheitlicher Wirkung (Einheitspatent) ist der Unionsgesetzgeber auf halben Wege zur Schaffung eines „europäischen Rechtstitels über einen einheitlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums in der Union“ (Art. 118(1) AEUV) stehen geblieben. Die Verordnung 1257/2012 vereinheitlicht nur den Schutz des Patentes als negatives Abwehrrecht, nicht aber seine positive Natur als Vermögensgegenstand. Diese gesetzgeberische Enthaltsamkeit betrifft nicht nur die von der VO 1257/2012 ausgenommene und deshalb auch national unzulässige Erteilung von Zwangslizenzen am unionsrechtlich verfassten Einheitspatent, insbesondere von Zwangslizenzen für die Ausübung abhängiger Patente für technisch und wirtschaftlich bedeutende Erfindungen, sondern auch die nur rudimentär geregelte Lizenzbereitschaftserklärung. Vor allem aber betrifft diese Enthaltsamkeit allgemein die Regelung des Patentes als Vermögensgegenstand, die nur dem Anschein nach einheitlich einem nationalen Recht überlassen ist, tatsächlich aber zu Rechtsungleichheit und Verwertungshindernissen führt, weil Wert und Verwertbarkeit des Einheitspatentes je nach dem anwendbaren nationalen Recht variiert. Diesem gespaltenen Regelungsansatz liegt die Fehlvorstellung des Verordnungsgebers zugrunde, das Patent lasse sich ohne wesentlichen Substanzverlust in ein einheitlich zu regelndes Abwehrrecht und ein nicht einheitlich regelungsbedürftiges Vermögensrecht teilen. Beides bildet jedoch eine Einheit. Die dem Abwehrrecht zugrunde liegende Ausschlusswirkung des Patentes konstituiert zugleich die geschützte Erfindung als Vermögensgegenstand und begründet so den Marktwert des Patentes. Damit der Patentinhaber diesen am Technologie- und Lizenzmarkt durch Veräußerung, Lizenzierung oder Kooperation mit Dritten voll realisieren kann, bedarf es einer eingehenden, transaktionsgerecht einheitlichen Regelung des Patentes als Vermögensgegenstand. Der insoweit bestehende gesetzgeberische Nachholbedarf ist umso dringlicher als in der EU der volle Transaktionswert des Einheitspatents durch den Binnenmarkt als Technologie- und Lizenzmarkt bestimmt wird. Erst wenn dieser Nachholbedarf befriedigt ist, wird das Einheitspatent seine Attraktivität als Investitionsanreiz zur Gänze entfalten und das ihm gegebenenfalls zugrundeliegende Innovationspotential voll ausgeschöpft werden können.

When introducing the European patent with unitary effect (unitary patent) the EU legislature stopped at midway to creating a European intellectual property right providing protection throughout the Union (Art. 118(1) TFEU). Regulation (EU) 1257/2012 unifies the protection of a European patent only as regards its negative, defensive function, not as regards its transactional function as an object of property, i.e., as a merchandisable asset. First, contrary to first impression, compulsory licenses for the unitary patent, such as mandatory licenses for the exploitation of technically highly advanced and economically important dependent patents, are not covered and, thus, will not be available at all. Second, although covered by Reg. 1257/2012, its Art. 8 deals only cursorily with licenses of right, thus rendering them practically unavailable. Third, even more importantly, the applicability of a single national law, namely that of the patent applicant’s residence or place of business, to the unitary patent as an object of property, while seemingly creating uniform law, ultimately results in legal inequality of unitary patents and in obstacles to their exploitation because their status varies with the applicable national laws and their impact on the patent’s value and exploitability. This split regulatory approach is due to the EU legislature’s ill-conceived idea that as to its defensive function a patent needs fully uniform protection while as to its inclusive function as a property right it needs not to be subject to particular regulation by Union law. However, both functions are but the two faces of the same right. It is the exclusionary effect of the patent that constitutes it as an object of property and determines its market value. Therefore, the value of the unitary patent may only be brought to full bearing on the market for technology and licensing if the law provides for sufficiently detailed uniform rules that fit its transactional function. Filling this regulatory deficit of Reg. 1257/2012 is the more necessary as in the EU the relevant market for determining the unitary patent’s transactional value and, thus its attractiveness as an incentive for investing in innovation is the entire Internal Market.

Available at SSRN